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Niedrigenergie-Bürogebäude in Karlsruhe
Mitarbeit
Architekturbüro Günter Leonhardt, Stuttgart
Neue Energiekonzepte für Gebäude. Seminarbeitrag am
Institut für Baustofflehre, Bauphysik, Technischer Ausbau und Entwerfen
Dipl.-Ing. Frank Dehli
Text, Diagramme und Fotos von Michael Wonner in Zusammenarbeit mit
Stefan Bubeck. Der Artikel erschien in ähnlicher Form in der AIT
Spezial 03 1996.
- Teil 1 - Entwurfskonzept
- Teil 2 - Computersimulation
- Teil 3 - Erste Beobachtungen
Energie sparen | Energieberatung | Gebäudeenergieausweis
1996 | WAT | Energiewandler -
Teil 3
Erste Beobachtungen
Das Gebäude ist seit Januar 1995 in Betrieb. Erste Hochrechnungen
über
den Heizwärmebedarf für das gesamte Jahr belaufen sich auf 70.000 kWh.
Treffen diese Rechnungen zu, werden die Computerberechnungen sogar noch
etwas unterboten, welche in der letzten genaueren Berechnung von einem
Bedarf von 77.300 kWh ausgingen. Natürlich war der Winter 94/95 relativ
mild, dafür aber auch die Nutzer des Gebäudes noch unerfahren mit der
Niedrigenergietechnik.
Die Büroangestellten wurden zwar auf die Besonderheiten in dem Umgang
mit dem Gebäude hingewiesen, aber nicht jeder bzw. jede will trotz
winterlicher Außentemperaturen auf gewohnte Ansprüche verzichten (25 °C
Raumtemperatur und sommerliche Kleidung).
Das Reinigungspersonal, gewohnt am Morgen zunächst einmal kräftig
durchzulüften, ließ einige solare Gewinne in der Winterluft
verschwinden. Dies macht die Abhängigkeit eines Niedrigenergiegebäudes
vom Nutzerverhalten deutlich. Da die Zuluft vor dem Einblasen nicht
künstlich befeuchtet wird, musste die Grundrate des Luftwechsels
gesenkt werden, als Mitarbeiter über zu trockene Luft klagten. Dies
geschah durch Reduzierung der Ventilatorleistung. Dadurch können die in
den Büroräumen aufgestellten Pflanzen die Luft besser mit Feuchtigkeit
anreichern. In den vermieteten Etagen wurden auf Wunsch der dort
untergebrachten Firmen, entgegen dem Kombibürokonzept, konventionelle
Bürozellen eingebaut. Neben der nun fehlenden natürlichen Belichtung im
Flurbereich wurden dadurch auch teilweise Räume von der Absaugung
abgetrennt. Dies soll nun durch den Einbau zusätzlicher Ventilatoren
behoben werden. Entgegen dem ursprünglichen Konzept sind die Böden mit
einer Trittschalldämmung ausgestattet, die ihre Speicherfähigkeit
einschränkt.
Einen eigenen Eindruck bekam ich von dem Gebäude an einem sonnigen
Junitag. Neben dem sehr angenehmen Klima bestach die lichte und
zurückhaltende Architektur, in der sich der hohe Anspruch mit dem das
Gebäude entwickelt wurde, konsequent fortsetzt. Die reduzierte
Farblichkeit lässt das Material und besonders die mit großer Sorgfalt
entwickelten Details in den Vordergrund treten.
Ein glücklicher Umstand, wie Günter Leonhardt betont, lag nicht zuletzt
in der besonders konstruktiven und einvernehmlichen Zusammenarbeit mit
dem Bauherrn. Die Planung des Gebäudes war von Beginn an geprägt durch
ein hohes Maß an Zusammenarbeit mit den beratenden Fachingenieuren. Als
problematisch erwies sich dabei die Umsetzung der Computerberechnungen
in baubare Anlagen und Details, die in dieser Form nicht handelsüblich
waren. Der dadurch gestiegene Planungsaufwand lag erheblich über dem
vergleichbarer Standardgebäude. Gesetzliche Bestimmungen, welche
nachträglich in die Berechnungen miteinbezogen werden mussten,
veränderten daraufhin wieder Lösungen, die man für abgeschlossen hielt.
Kurzum ein relativ steiniger Weg, nicht zuletzt für den Architekten,
der Termine und Kalkulationen einzuhalten hatte.
Zusammenfassung
Folgende Maßnahmen wurden zur energetischen Optimierung des Gebäudes
eingesetzt:
- Schwere Bauweise zur Reduzierung der Tagesamplitude der Raumlufttemperatur
- Offenliegende, nicht abgehängte Decken als Speichermasse für die Sommernachtkühlung
- Zwischendecken mit integrierten Zuluftkanälen zur Aktivierung der Speichermassen
- Reduzierung der Lüftungswärmeverluste durch solare Frischluftvorerwärmung (Brüstungskollektor)
- Zentral angeordnete Zu- und Abluftschächte mit Frischluftkonditionierung (Wärmetauscher)
- Thermisch unterstützte Abführung der Abluft durch solare Erwärmung der Abluftkanäle (Solarkamin)
- Solaranlage zur Brauchwassererwärmung (Kollektorfläche 9 m²).
- Zentrale Gasheizung mit Brennwertechnik
- Optimierte Tageslichtnutzung zur Reduzierung des Strombedarfs für Beleuchtung und zur Vermeidung von Kühllast, energiesparende Leuchtmittel
- Großzügig verglaste Fassaden zur Erhöhung der Leuchtdichte in höheren Raumtiefen
- Lichtlenkeinrichtungen zur Reduzierung der Blendung im Fensterbereich (klappbar bis 45°) - Bedarfsgesteuerte elektrische Beleuchtung
- Feststehende, außenliegende Verschattungselemente
- Bedarfsgesteuerte außenliegende Jalousien an Süd- Ost- und Westseite
Gebäude-Kennwerte
Nutzfläche: 1.500 m²
Volumen: 4.800 m³
Aus Kostenberechnung:
Kostengruppe 3: 2.129 DM/m² (NGF)
Kostengruppe 1 - 7: 3.008 DM/m² (NGF)
Gesamtkosten 1 - 7: 7.500.000 DM
Gutachterverfahren: März / April 1993
Planungsbeginn: Juni 1993
Spatenstich: 18.01.1994
Schlüsselfertige Übergabe: 16.01.1995
Bauherr: WAT Wasser- und Abfalltechnik Ingenieursgesellschaft mbH,
Karlsruhe
Planung
Architekt: Günter Leonhardt, Stuttgart
Mitarbeit: Stefan Bubeck (Koordination Bau), Herwig Barf, Lutz
Burbulla, Christoph Joop, Dagmar Skoruppa, Peter Wetzel, Klaus Woerner,
Michael Wonner, Diane Ziegler
Tragwerksplanung und Gutachten: Alexander Furche, Wendlingen
Entwurf, Ausführung Tragwerk: IGP Glasser, Hartmann, Jung, Karlsruhe
Planung und Projektleitung HLSE: Werner Griesinger, Stuttgart
Thermische und energetische Beratung: Transsolar, Stuttgart
Tageslichtberatung: H. Freymut, Stuttgart
Freiraumplanung: Hubert Haller, Karlsruhe
Für die freundliche Unterstützung bei der Bearbeitung dieses Themas
und für die Überlassung von Unterlagen und Plänen möchte ich mich
besonders bedanken bei:
Architekturbüro Günter Leonhardt, Stuttgart
Weiterhin haben mich unterstützt:
Transsolar Energietechnik GmbH , Stuttgart
(Thermische und energetische Beratung)
Ingenieurbüro · Energieberatung + Wärmetechnik
Werner Griesinger
Stuttgart
(Planung und Projektleitung HLSE)
- Teil 1 - Entwurfskonzept
- Teil 2 - Computersimulation
- Teil 3 - Erste Beobachtungen
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Ansicht Ost | Verschattungselemente
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Detail Dachgeschoss | Verschattungselemente
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